Selbstliebe

In meinem letzten Blog-Beitrag (Love is the message) habe ich mir die Frage gestellt: „Wer von uns liebt sich wirklich aufrichtig und bedingungslos?“.

Wissen wir überhaupt, wie sich das anfühlt bzw. anfühlen soll? Ich fürchte, dass man das den meisten von uns irgendwie nie beigebracht hat. Oft lernen wir schon als Kinder, dass wir Zuneigung, Aufmerksamkeit, und manchmal auch Liebe, nur über ein bestimmtes Verhalten bekommen (brav, fleißig, ruhig, unauffällig, höflich, ordentlich, bescheiden, usw.).  Fallen wir aus diesem „Verhaltens-Kodex“ heraus, erfahren wir durch Worte und Taten, dass wir nicht entsprechen und werden mit Zuneigungs-Entzug „korrigiert“. Man begreift recht schnell, dass man sich „anpassen“ muss und wartet dann auf das „OK“ der Umwelt.

So gesehen ist es kein Wunder, dass es ganz wenige Menschen auf dieser schönen Welt gibt, die sich wirklich vorbehaltlos gut finden, lieben und annehmen. Wir mäkeln an uns herum. Sind unglücklich und unzufrieden über alles Mögliche und suchen Anerkennung, Bestätigung, Glück und Liebe im Außen. Bei anderen.

(Und manchmal auch durch Dinge…viiiiiiele Dinge. Wie sonst könnte man den Shopping-Irrsinn in der westlichen Welt erklären?! – „Kauf Dich glücklich!“ ????- echt jetzt ?!?!)

„Wonach suchst Du? Nach Glück, Liebe, Seelenfrieden? Suche nicht am anderen Ende der Welt danach, sonst wirst Du enttäuscht, verbittert und verzweifelt zurückkehren. Suche am anderen Ende deiner selbst danach, in der Tiefe deines Herzens.“ – tibetische Überlieferung

Klingt einleuchtend. Bleibt immer noch die Frage: Wie macht man das? Wie sucht man in der Tiefe seines Herzens? Wie liebt man sich selbst?

Eine Definition sagt: Selbstliebe bedeutet, gut für sich selbst zu sorgen. Aaaaaaha. Aber ich sorge doch gut für mich: ich esse gesund und ausgewogen, pflege mich und meinen Körper, entspanne und bewege mich regelmäßig. Trotzdem höre ich einen inneren Monolog: „Ich bin zu dick, zu uninteressant, nicht schön genug, nicht erfolgreich genug, nicht liebenswert, zu klein, zu groß, zu dünn, zu…, zu…“. Dieses „gut-für–sich-selbst-sorgen“ kann also mit der o.a. Definition offensichtlich nicht gemeint sein.

Die exaktere Definition wäre: Selbstliebe ist, dass wir uns bewusst werden, was für uns richtig und wichtig ist, dass wir genau wissen, wer wir sind, wer wir sein wollen, was wir wollen und was nicht, was uns guttut und was nicht, wo unsere Grenzen sind. Mangelnde Selbstliebe kann nämlich dazu führen, dass wir anderen erlauben, unsere Grenzen zu übertreten. Oder wir machen uns zum Opfer. Dann sind andere an unserem Unglück schuld: Eltern, die uns nicht gegeben haben, was wir brauchen, oder Partner, die uns nicht genug Liebe geben, nicht achten oder verstehen. Denn nicht was jemand über dich sagt oder denkt ist wichtig, sondern wie du über denkst.

Selbstliebe erfordert unsere Bereitschaft, uns selbst zu erforschen – mit allen unseren Stärken und Schwächen. Und dann auch dafür einzustehen und Verantwortung für sich zu übernehmen – achtsam und respektvoll. Dann können wir uns anderen gegenüber abgrenzen, ohne sie zu verletzen. Denn Selbstliebe hat wirklich nichts mit Egoismus oder Egozentrik zu tun.

Man sorgt sich um sich selbst und schaut darauf, dass es einem gut geht, sucht nicht länger nach Erfüllung im Außen. So werden wir unabhängig. Wir sehen unsere eigenen Anteile am Geschehen und wir stellen keine Bedingungen mehr, die unser Umfeld erfüllen muss, um unserer Liebe „würdig“ zu sein. Wir öffnen unser Herz für uns und andere. Selbst wenn wir unser Gegenüber nicht ohne Vorbehalte lieben können, empfinden wir zumindest Mitgefühl. Aus diesem Verständnis heraus können wir handeln. Die Welt ändert sich, wenn wir anfangen, uns selbst zu lieben. Es gibt unserem Leben eine neue Dimension von Leichtigkeit.

What a wonderful world this could be …

Ich wünsche uns allen, dass wir uns bald frisch verlieben – in uns selbst:

You are beautiful. You are perfect.